Covid-19 hat das Leben aller Menschen verändert. Im folgenden Beitrag möchte ich euch schildern, wie es uns Gesellen in dieser Zeit ergangen ist. Wie schwierig unsere Situation dadurch geworden ist, was alles nicht mehr wie gewohnt funktioniert hat aber auch, was dadurch alles möglich geworden ist.

Am Freitag 14.März 2020 wollte ich von Basel in die Nähe von München trampen. Was eigentlich nicht länger als 7 Stunden dauern dürfte, gelang mir an diesem Tag nicht. Nach gut 8 Stunden war ich erst auf der Raststätte Würenlos, also gut 70 Km weit gekommen. Der Grund war klar, am Tag zuvor hatte der Bundesrat entschieden, dass ab dem 16. März der erste Lockdown das Leben aller Menschen massiv einschränken würde.

Auf einmal war Covid nicht mehr nur etwas über das man während des Autofahrens gesprochen hat. Es war nicht wie die Vogelgrippe, Ebola oder Schweinegrippe. Es war nicht mehr in fernen Ländern, es war bei uns und es hatte ganz konkrete Auswirkungen auf unser Leben. Zurück in Basel suchte ich lange nach einem Ort, an dem ich längere Zeit sein konnte. Ich wusste nicht, wie schlimm es werden würde. Der allgemeinen Stimmung folgend, rechnete ich jedoch mit einer Spanischen Grippe 2.0. Leider war das finden eines Platzes plötzlich genauso schwierig, wie das reisen per Daumen. Eine ernüchternde Erkenntnis. Überall waren lehre Gebäude, Schulhäuser, Hotels, Bungalows, Fischerhütten doch ich war draussen und konnte nirgends sein. Nach ein paar Tagen der Suche, fuhr ich ins Zürcher Weinland wo ich vorübergehend einen Unterschlupf hatte. Richtig gruselig war die Stimmung vor allem in Zürich am Hauptbahnhof. Noch nie war es um 19:20 dort so Menschenleer wie zu dieser Zeit. Surreal.

Seit es die Tradition der Wanderschaft gab, also seit über 700 Jahren war es nur zur Zeit des zweiten Weltkrieges verboten unterwegs zu sein. Diese Verbot wurde Ende März von der CCEG erneut ausgesprochen. Es war ein sehr komisches Gefühl, zu so einer Zeit unterwegs zu sein. Oft habe ich mich gefragt, wieso das ausgerechnet jetzt sein muss. Die Zeit des ersten Lockdowns verbrachten die meisten Gesellen mit arbeiten. der neue Rhythmus der Wanderschaft war zuerst sehr schwer zu ertragen, Corona hat die Tippelei sehr verändert. Vieles was die Wanderschaft vorher ausgemacht hat, war von einem auf den anderen Moment nicht mehr möglich…

Im ersten Jahr mit Corona tat ich mich schwer mich mit dieser neuen Realität ab zu finden. Gross war meine Angst, mich selber oder vor allem andere mit dem Virus zu infizieren. Die Gedanken, jemanden beim Reisen anzustecken, im schlimmsten Fall indirekt für den Tod von Menschen verantwortlich zu sein, blieb die ganze Zeit eine drückende Last. Ab und zu brach ich aus und ging doch weiter. Meist fernab der Menschen. Meist alleine.

Doch Anfang Januar 2021 war es für mich so weit, dass ich weiter gehen musste. Sonst wäre mir die Decke auf den Kopf gefallen. Die Entscheidung war für mich klar. Entweder ich gehe nach Hause, oder ich gehe trotz der Gefahren und Verboten weiter meinen Weg. Ich entscheid mich für zweiteres. Das Reisen während des zweiten Lockdowns war nicht so einfach wie vorher, doch es hat auch funktioniert. Langsam sah ich auch die guten Seiten von Corona. Die Zeit die man geschenkt bekommen hat, die Hilfsbereitschaft der Menschen die man noch mehr zu schätzen wusste. Im Rückblick war der Winter 2020/2021 einer meiner produktivsten Zeiten. Es Entstanden einige sehr schöne Arbeiten. Unter anderem mein neuer Stenz den ich beim einheimischen Holz Bildhauer Benjamin Fock machen durfte.

Die Reisezeit mit Corona ist nicht einfach, aber Wanderschaft ist generell nicht einfach. Von Zeit zu Zeit machen genau diese Schwierigkeiten den Reiz an der Tippelei aus. Ich habe in dieser Phase auf jeden Fall sehr viel gelernt. Über unsere Gesellschaft, über Hilfsbereitschaft, Angst und darüber, wie wichtig zwischenmenschliche Beziehungen ist.

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Zeitungsartikel-NZZ